Düsseldorf/Hamminkeln, 15.
Oktober 2023 - Statement des Vorstandsvorsitzenden
der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO),
Dr. med. Frank Bergmann, zu einem Prüfbericht des
Bundesrechnungshofes (BRH) – darin kritisiert der
BRH, dass ein immer größer werdender Teil ärztlicher
Leistungen aus der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung (MGV) in die extrabudgetäre
Gesamtvergütung (EGV) übergegangen ist. Künftig
dürften nur noch Leistungen extrabudgetär vergütet
werden, wenn dies nachweisbar zu einer Verbesserung
der Versorgung führe. Gleichzeitig stellt der BRH
die geplante Entbudgetierung für die Gruppe der
Hausärztinnen und Hausärzte in Frage. Dies komme
allenfalls für Niedergelassene in unterversorgten
Regionen in Frage – und dies auch nur dann, wenn die
„Zielerreichung“, die Versorgung zu verbessern,
regelmäßig überprüft werde. Von
darüberhinausgehenden Entbudgetierungen z. B. für
Fachärztinnen und Fachärzte rät der BRH ab.
„Die Budgetierung der ärztlichen Honorare stammt
noch aus Zeiten, in denen es eine ,Ärzteschwemme‘
gab. Diese Zeiten liegen seit Jahrzehnten hinter
uns. Zurzeit kämpfen unsere Praxen und ihre Teams um
jeden Millimeter Land, den sie mit Blick auf die
tägliche Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten
gewinnen können. Dazu kommt der enorme
Fachkräftemangel. Noch gibt es viele Kolleginnen und
Kollegen, die keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger
für ihre Praxis finden und aus Pflichtbewusstsein
sowie Verantwortungsgefühl gegenüber Ihren
Patientinnen und Patienten nicht in den Ruhestand
gehen. Das kann aber keine Dauerlösung sein, auf der
die nachhaltige ambulante Versorgung fußt. Die Frage
ist außerdem, wie viele der älteren Niedergelassenen
das bei den momentanen Rahmenbedingungen noch lange
so mitmachen wollen.
Prüfbericht ignoriert Realität und Entwicklung in
der ambulanten Versorgung Der BRH
verkennt völlig, dass es nicht mehr darum gehen
kann, die Honorierung ärztlicher Leistungen zu
begrenzen – es muss darum gehen, alles dafür zu tun,
um junge Medizinerinnen und Mediziner für ein
Mitwirken in der ambulanten Versorgung zu gewinnen.
Das wird erst dann gelingen, wenn Praxen endlich für
alle Leistungen bezahlt werden, die sie tagtäglich
erbringen!
Davon abgesehen: Bis auf die
Feststellung, dass der Anteil ärztlicher Leistungen
in der extrabudgetären Gesamtvergütung gestiegen
ist, bleibt der BRH wirklich begründete Argumente
für seine Kritik schuldig. Wie das Zentralinstitut
für die kassenärztliche Versorgung richtigerweise
angemerkt hat, wird beispielsweise die
Leistungsentwicklung in der EGV gar nicht
untersucht. Ein unkontrollierter Ausgabenanstieg in
der vertragsärztlichen Versorgung ist an keiner
Stelle nachweisbar. Mit solchen irreführenden
,Prüfungen‘ ist niemandem geholfen.
Was wir brauchen, sind gute
und tragfähige Konzepte, um die Praxisteams zu
stärken und ärztlichen Nachwuchs für die
Niederlassung zu gewinnen. Dafür braucht es
unbedingt eine entsprechende Perspektive. Denn die
Politik hält uns Ärzteschaft schon viel zu lang mit
dem Versprechen hin, die Entbudgetierung für Haus-
und Fachärzte umzusetzen.
Unsere Praxen
sind am Limit angekommen. Die Politik muss hier nun
handeln und für deutlich attraktivere und
entlastende Rahmenbedingungen sorgen. Dafür macht
sich ein breites Bündnis aus Selbstverwaltung sowie
ärztlichen und psychotherapeutischen Berufsverbänden
seit dem 18. August mit der Aktion #praxenkollaps
stark. Ich bin davon überzeugt – und dies spiegeln
auch zahlreiche Rückmeldungen von Patientinnen und
Patienten wider – dass wir ohne tiefgreifende
Entbürokratisierung und spürbare Verbesserungen für
die Praxen keinen Schritt weiterkommen.“
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