Duisburg/Hamminkeln, 29. Juni
2022 - Zwischen den Zeilen des
Koalitionsvertrags schimmert durch, dass die
neue NRW-Regierung mehr auf staatliche Lenkung
setzt als auf marktwirtschaftliche Mechanismen.
„Wir Unternehmer wünschen uns vor allem weitere
Entlastung von unnötigen Auflagen und von
überholter Bürokratie“, betonte Burkhard Landers
beim Pressegespräch der Niederrheinischen IHK am
Dienstag, 28. Juni. Gemeinsam mit
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan
Dietzfelbinger skizzierte er, was der Vertrag
für die Wirtschaft am Niederrhein bedeutet.
Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung
liest sich ambitioniert: NRW soll erstes
klimaneutrales Industrieland werden. Landers
kommentiert: „Die Umstellung der Produktion auf
klimaneutrale Energieträger ist eine gewaltige,
aber nötige Herausforderung. Wir können die
Kurve kriegen, dafür müssen wir die großen und
energieintensiven Branchen unterstützen. So
bleiben auch Arbeitsplätze und Wertschöpfung im
Land. Neben Chemie und Anlagenbau ist das vor
allem die Stahlbranche.“ Die Niederrheinische
IHK verlangt ein klares Bekenntnis zu einem
Nationalen Stahlgipfel in Duisburg. „Kein Ort
eignet sich besser dafür als Europas
Stahlstandort Nummer Eins. Die Unternehmen haben
die Pläne in der Schublade, aber noch immer ist
unklar, wie CO2-neutral hergestellter
Stahl erfolgreich am Markt platziert werden
kann. Wir setzen auf ein starke politische
Flankierung aus Düsseldorf“, so der Präsident.
Neben der vorgesehenen Stärkung der
Wirtschaft sorgen sich die Unternehmen wegen
zusätzlicher Belastungen. Deutlich wird dies bei
der Sand- und Kiesgewinnung, nötig für die
Herstellung von Beton: Laut Schwarz-Grün soll es
Anreize geben, mehr Wohnungen, Windräder und
Radwege zu bauen und marode Brücken schneller zu
sanieren. Gleichzeitig bereitet das Land die
Einführung einer Kiesabgabe ab 2024 vor.
Langfristig ist ein Ausstieg aus der
Kiesgewinnung in NRW vorgesehen. Dietzfelbinger:
„Das passt nicht zusammen. Allein auf Recycling
zu setzen, wird nicht funktionieren. Wir haben
im Bausektor eine weitere Verknappung von
Grundstoffen und dann steigende Preise zu
befürchten“.
Mehr Tempo beim
Straßenbau Das A und O für einen
funktionierenden Wirtschaftsraum ist die
Infrastruktur. Der Niederrhein ist ein
bedeutender Logistikstandort in NRW. Deswegen
sorgt sich die IHK um den weiteren
Straßenausbau: „Wir hätten uns gewünscht, dass
die neue Regierung laufende Straßenprojekte auch
laufen lässt. Bei denen, die schon geplant sind,
ist der Nutzen meist sehr gut untersucht. Hier
noch einmal zu prüfen, verzögert Maßnahmen nur“,
so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Und weiter:
„Dazu zählt auch ein ausreichendes Angebot an
verfügbaren Flächen für die Wirtschaft. Schon
heute fehlen im Ruhrgebiet Gewerbeflächen, das
schränkt Ansiedlungen und Wachstum ein. Dieses
Problem kann sich durch die Vorgabe der
Koalitionspartner, die Flächen künftig zu
begrenzen, weiter verschärfen“.
Fehlende Fachkräfte bereiten Sorgen Die
Unternehmen suchen trotz angespannter Lage nach
Fachkräften. „Aus- und Weiterbildung sind das
Herzstück unserer IHK-Arbeit. Wir begrüßen das
Bekenntnis zur dualen Ausbildung. Theorie und
Praxis sind hier direkt miteinander verknüpft.
Junge Menschen sammeln unmittelbar
Berufserfahrung: Davon profitieren Azubis wie
Unternehmer gleichermaßen“, betonte Landers.
„Der Koalitionsvertrag lässt offen, wie wir dem
Fachkräftemangel begegnen wollen. Hier brauchen
wir eine klare Strategie und
Finanzierungssicherheit.“
Der Präsident
erklärte: „NRW hat in den letzten Jahren
wirtschaftlich aufgeholt und sich einen Platz im
Mittelfeld der Bundesländer erarbeitet. Es muss
das gemeinsame Ziel sein, dass wir nun an die
Spitze marschieren. Daran muss sich die neue
Landesregierung messen lassen.“
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