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Regierung richtet Schaden an, dessen Ausmaß erst in der Zukunft absehbar ist
Lockerungen bei der Cannabislegalisierung: Ambulante Versorgung wird vor große Herausforderungen gestellt  
Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) Dr. med. Frank Bergmann

Düsseldorf/Hamminkeln, 23. Dezember 2023 - Die neuesten Formulierungsvorschläge des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) erlauben den Konsum von Cannabis 100 Meter vor Einrichtungen, die ausschließlich oder vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden – bislang waren 200 Meter vorgesehen. Parallel dazu soll der Strafrahmen bei der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige von einem auf zwei Jahre Mindeststrafandrohung erhöht werden. Der Besitz von Cannabis am Wohnsitz bei Eigenanbau soll von drei Cannabispflanzen und 25g auf drei Pflanzen sowie 50g getrocknetes Cannabis erhöht werden.
Zuletzt ist die Kampagne des BMG zum Kinder- und Jugendschutz „Cannabis Legal, aber…“ gestartet.  

„Als Neurologe und Psychiater kann ich nur eindringlich vor der Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken warnen. Durch die Legalisierung wird der Cannabiskonsum weiter enttabuisiert – mit drastischen Folgen insbesondere für Kinder und Jugendliche, für die der Konsum schwerwiegende Gefahren für Gesundheit und Entwicklung mit sich bringt.

Die Regierung stellt selbst fest: ‚Kinder und Jugendliche sind eine besonders vulnerable Gruppe der Bevölkerung. Sie sind in besonderem Maße durch Erwachsene und Trends beeinflussbar. Die vor allem neurotoxischen Effekte in sich entwickelnden Gehirnen und kardiovaskuläre Schädigungen durch Betäubungsmittel können vielschichtige gesundheitsschädigende Folgen für das gesamte spätere Leben hervorrufen.‘  

Allein diese sehr bedeutsame Feststellung findet beim Cannabisgesetz allerdings anscheinend keine weitere Berücksichtigung. Nun werden auch die Schutzzonen vor Einrichtungen, in denen sich in erster Linie Kinder und Jugendliche aufhalten, nochmals verkleinert: Wenn 100 Meter vor der Schule Cannabis legal konsumiert wird, begegnen Heranwachsende diesem Konsumverhalten bereits auf dem Schulweg – Kinder- und Jugendschutz sieht anders aus!

Daran ändert auch ein höherer Strafrahmen bei der Abgabe von Cannabis an Minderjährige oder die Kampagne des BMG nichts. Beide Maßnahmen greifen zu kurz und werden Kinder und Jugendliche nicht vom Schwarzmarkt fernhalten.  
Diese Zweifel bestehen auch auf Bundesebene. Es sieht nicht so aus, als hätte es eine Einigung mit den Politikern der SPD-Fraktion gegeben, wie man den jüngsten Äußerungen von Sebastian Fiedler entnehmen kann. Nach Aussage des Bundestagsabgeordneten und früheren Vorsitzenden des Bundes deutscher Kriminalbeamter hat das Gesetz keinerlei Auswirkungen auf die organisierte Kriminalität und verfehlt damit ein Kernziel.  

Ambulanter Behandlungsbedarf wird steigen
Nicht zuletzt beweist die Bundespolitik mit den neuen Formulierungen zum Cannabisgesetz abermals, dass die gesundheitlichen Auswirkungen und Implikationen für die ambulante Versorgung im Gesetzgebungsprozess offenbar keine größere Rolle spielen. Schon jetzt ist klar: Durch die Cannabislegalisierung zu Genusszwecken ist auch mit einem deutlich höheren ambulanten Behandlungsbedarf bei Suchterkrankungen und depressiven Störungen zu rechnen.  

Regierung richtet Schaden an, dessen Ausmaß erst in der Zukunft absehbar ist
In den Praxen wird allerdings bereits heute schon am Limit gearbeitet. Eine weitere Belastung ist nicht hinnehmbar und könnte bei der derzeitigen Gemengelage das sprichwörtliche Zünglein an der Waage sein. Statt einer Cannabislegalisierung wäre es weitaus angebrachter, Suchterkrankten ebenso wie Patientinnen und Patienten, die an den gesundheitlichen Folgen ihres Konsumverhaltens leiden, durch eine Stärkung der ambulanten Versorgung zu helfen. Das, was uns der Gesetzgeber jetzt präsentiert, steht dem jedoch diametral entgegen – ich befürchte, er wird damit einen Schaden anrichten, dessen tatsächliches Ausmaß erst in Zukunft absehbar sein wird.“