Köln/Hamminkeln, 19.
September 2021 - Was kostet ein
Bürgerbegehren eine Kommune im Erfolgsfall?
Wieder einmal wird diese Frage für eine
Bürgerinitiative in Nordrhein-Westfalen derzeit
zum Problem. Die Initiative aus Niederkrüchten
wartet bereits seit knapp 12 Wochen auf ihre
Kostenschätzung. Ohne die Kostenschätzung darf
sie nicht mit der Unterschriftensammlung
beginnen. Gegenstand des Bürgerbegehrens ist der
Erhalt eines Freibades. Es ist bereits der
vierte Fall in diesem Jahr, bei dem die
Kostenschätzung für Probleme sorgt.
„Gut
gemeint bedeutet eben nicht gut gemacht. Anstatt
einen Dialog über die Kosten in der Bevölkerung
anzustoßen, hängt das Thema so wochenlang in der
Luft. Das führt zu Frustration bei Initiative
und Menschen und zu Mehrarbeit bei der
Verwaltung. Wir fordern deshalb endlich eine
Streichung der Kostenschätzung“, so Achim
Wölfel, Leiter des Landesbüros von Mehr
Demokratie NRW.
Anfang des Jahres wurde
ein Bürgerbegehren in Mettmann mit der
Begründung für unzulässig erklärt, dass es die
Kostenschätzung nicht ausreichend abgebildet
habe. In Bochum musste der Radentscheid seine
Unterschriftensammlung erneut starten. Die
Kostenschätzung der Stadt konnte wegen ihres
Umfangs von vier Seiten nicht komplett auf der
Unterschriftenliste dargestellt werden. In Essen
war erst ein Urteil des Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen nötig, damit die Stadtverwaltung
eine Kostenschätzung erstellte. Jetzt steht
wieder eine Initiative in den Startlöchern, um
Unterschriften zu sammeln, und wird von dieser
Formalität ausgebremst.
„Schon die
Beispiele nur aus diesem Jahr zeigen
eindrücklich, dass die Pflicht zur
Kostenschätzung abgeschafft werden sollte“, so
Wölfel weiter. Die Debatte über die Kosten eines
Bürgerbegehrens gehöre in die öffentliche
Diskussion, nicht auf die Unterschriftenliste.
Seit 2011 müssen die Unterschriftenlisten
von Bürgerbegehren eine Kostenschätzung
enthalten, welche von der jeweiligen Verwaltung
erstellt wird. Zuvor mussten Initiativen die
Kostenschätzung noch selbst erstellen. Was
zunächst als Entlastung für Bürgerinitiativen
gedacht war, stellte sich jedoch schnell als
zusätzliche Hürde heraus. So gibt es seit
Einführung der Kostenschätzung immer wieder
Probleme mit dieser. Mehr Demokratie fordert
deshalb, die Kostenschätzung als Anforderung an
Bürgerbegehren aus der Gemeindeordnung zu
streichen. Vorbild ist dabei das Bundesland
Bayern.
„Kein Bundesland hat so viel
Erfahrung mit Bürgerbegehren wie Bayern, rund
ein Drittel aller Bürgerbegehren deutschlandweit
findet dort statt. Eine Kostenschätzung braucht
es dort jedoch nicht. Daran sollten wir uns auch
in NRW orientieren“, erklärt Wölfel.
Weiterführende Informationen: 1. Gericht
bestätigt: Verwaltung muss Kostenschätzung für
Bürgerbegehren in Essen abgeben:
https://nrw.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/gericht-bestaetigt-verwaltung-muss-kostenschaetzung-fuer-buergerbegehren-in-essen-abgeben/
2. Verwaltung blockiert Bürgerbegehren
in Essen:
https://nrw.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/verwaltung-blockiert-buergerbegehren-in-essen/
3. Corona bremst Bürgerbegehren:
Deutlich weniger Verfahren als im Vorjahr:
https://nrw.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/corona-bremst-buergerbegehren-deutlich-weniger-verfahren-als-im-vorjahr/
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