Düsseldorf/Hamminkeln, 23.
März 2022 - Der Angriff auf die Ukraine, die
schrecklichen Verbrechen dort und die Drohungen
Putins lassen ein Gas-Embargo befürchten. Für
die Wirtschaft an Rhein und Ruhr wäre ein
solcher Schritt dramatisch, oft sogar
existenzbedrohend. Das zeigt eine Umfrage der
Niederrheinischen IHK. In der Region wären 87
Prozent der Unternehmen direkt oder indirekt
betroffen. Umso wichtiger sei es, dass Politik
und Verwaltung die Betriebe frühzeitig in die
Planungen einbeziehen. Nur so können sie sich
auf den Notfall vorbereiten.
„Bei uns in
Duisburg und am Niederrhein verbrauchen die
Unternehmen rund neun Prozent der in Deutschland
gewerblich genutzten Energie. Unsere Wirtschaft
ist also besonders auf Gas, Strom und Kohle
angewiesen. Wenn die Produktion bei uns ins
Stocken gerät, bekommen wir bundesweit ein
Problem, denn viele unserer Grundstoffe, etwa
Chemie- und Stahlerzeugnisse, stecken in vielen
anderen Produkten“, betont IHK-Präsident
Burkhard Landers.
Nach zwei Jahren
Pandemie ist die konjunkturelle Lage ohnehin
angespannt. Nur 13 Prozent der Unternehmen
blicken optimistisch auf die
Geschäftsentwicklung. Zu Jahresbeginn waren es
noch 21 Prozent. Ein Lieferstopp träfe
insbesondere Industriebetriebe, die Gas als
Prozesswärme oder Rohstoff in großen Mengen
benötigen. Mittelständler und Dienstleister
fürchten vor allem die indirekten Effekte eines
Lieferstopps. „Wenn nur ein einziges Teil fehlt,
sind die Lieferketten bereits gestört. Diesen
Effekt haben wir alle schon in der Corona-Zeit
erlebt“, erinnert Landers.
Laut IHK sehen
14 Prozent der Befragten ein Gas-Embargo als
existenzgefährdend an. „Viele Anlagen können
nicht beliebig hoch- und heruntergefahren
werden. Reicht die Gasmenge nicht aus, geht die
Anlage kaputt. Große Industriebetriebe sind
deshalb aktuell sehr besorgt“, erläutert Dr.
Stefan Dietzfelbinger, IHK-Hauptgeschäftsführer.
„Hinzu kommt, dass viele ihre Fertigung bei den
hohen Energiepreisen drosseln oder sogar ganz
herunterfahren müssen. Es lohnt sich dann nicht
mehr“, so Dietzfelbinger weiter.
47
Prozent der befragten Betriebe haben bereits
Maßnahmen ergriffen, um Gas einzusparen. „Unsere
Unternehmen unterstützen die Politik der
Bundesregierung. Aber wenn Putin oder die
Bundesregierung den Gashahn zudrehen, wird es
nicht reichen, die Wohnung, das Büro oder das
Schwimmbad weniger zu heizen. Wir brauchen dann
ein umfassendes Energie-Krisenpaket. Das
kürzlich verabschiedete Gesetzespaket zum Ausbau
erneuerbarer Energien ist ein richtiger Impuls
für mehr Unabhängigkeit “, so Landers. Seine
Forderungen: Geplante Projekte durch
Vorab-Genehmigungen ermöglichen, alternative
Energieträger nutzen, Laufzeiten bestehender
Technologien verlängern oder sogar bestehende
Regeln temporär aussetzen.
Aktuell
bezieht Deutschland 55 Prozent seines
Erdgasbedarfes aus Russland. Knapp 40 Prozent
des Erdgases werden in der Industrie verwendet.
Viele Prozesse sind eng miteinander verzahnt. Am
Niederrhein sind zum Beispiel auch viele
Wohnungen von der Industrieproduktion abhängig:
Sie werden mit der Prozesswärme über
Fernwärmeleitungen beheizt.
|